Der Fall „Obazde“ erregt die Gemüter in der Gastronomie. Erstmalig spüren die Wirte den Atem der Regelwut bis in die heimische Rührschüssel hinein. Denn in eben solcher wurde seit je her der beliebte Obazde mitsamt seinen dreizehn Zutaten selbst hergestellt und an die Gäste frisch verkauft. Weil man aber dadurch als Hersteller gilt, kommt man nun in den zweifelhaften Genuss, wie ein Großunternehmen der Käseherstellung behandelt zu werden.
Aufgrund einer rechtlichen Neubestimmung dürfen nur noch Obazde unter dem Originalnamen verkauft werden, die nach einer bestimmten Rezeptur hergestellt wurden und der Wirt muss sich darüber hinaus noch einer kostenpflichtigen Kontrolle unterwerfen. Zur Feststellung von mindestens 40 Prozent Camenbert oder Brie sind dann mal eben 200 bis 300 Euro im Jahr fällig.
Das ohnehin viel gescholtene „Bürokratie-Monster“ erhält hier einen weiteren Nachweis seiner unsäglichen Existenz. Man sollte aber dabei nicht vergessen, dass die Energie dieser pauschalen Regelwut von Menschen ausgeht – von Bürokraten, die scheinbar jeglichen Bezug zur Alltagsrealität abgelegt haben und sich einzig und allein auf das juristische Korsett konzentrieren. Kein Augenmaß, kein Versuch der sensibleren Lösung, nicht der Hauch der Bereitschaft für sinnvolle Kompromisse.
Der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur VEBWK ärgert sich über diesen neuen Fall der Gastronomie-Drangsale lautstark. Von „Frechheit“ bis „Bürokraten-Wahnsinn“ reichen die Kritiken.
„Der Verlust jeglicher Nähe zum realen Leben bei den Regelwütigen wird immer deutlicher und dieser Art Verirrungen sorgen für ein klares Ansteigen von Unverständnis und Wut bei den Betroffenen“, so der VEBWK-Vorsitzende Franz Bergmüller. Bergmüller weist im „Fall Obazde“ darauf hin, „dass eine Umlage der Kotrollkosten auf den Preis eine spürbare Verteuerung erwirke und ob sich dann das „Hausmachen“ noch lohne, ist zu bezweifeln. Alternativ landen dann Convenience-Produkte auf den Wirtshaus-Tellern, oder kreative Umbenennungen des Obazde in zum Beispiel „Bräubazi“, „Kas-Mus“ oder auch „die 13 Geheimnisse von Oma“ machen die Runde.
Der VEBWK fordert deshalb, zeitnah eine praktikable Lösung für die Gastronomie zu erarbeiten, die Wirtshäuser und ihre selbstgemachten Obazde nicht auf eine Stufe mit den großen Käseherstellern stellt.“
Konkret schlägt der VEBWK vor, dass im Rahmen einer Regelkontrolle eine Probe abgegeben wird, die zu einem kleinen und angemessenen Preis geprüft wird. Eine Kontrollgebühr von bis zu 300 Euro wird klar abgelehnt.
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