100 Tage im Amt – trotz Corona-Pandemie zieht Mühldorfs neuer 1. Bürgermeister Michael Hetzl ein positives Fazit. Wie Mühldorfs Rathauschef den Wechsel vom Unternehmer zum Politiker geschafft hat, welche Projekte ihm am Herzen liegen und welche Stärken er der Kreisstadt attestiert, erklärt er im Gespräch mit dem Inn-Salzach blick.
Herr Hetzl, wenn Sie mit einem Satz Ihre ersten 100 Tage im Amt beschreiben müssten – was würde Ihnen dazu einfallen?
Es ist schwierig, die ersten 100 Tage kurz zu beschreiben, aber die ersten 100 Tage waren sehr aufregend für mich.bDie Fülle der verschiedensten Aufgaben, mit denen man es in der Stadtverwaltung als Bürgermeister zu tun hat, das ist sehr aufregend. Und auch die derzeitige Situation mit der Corona-Pandemie ist alles andere als alltäglich.
Ist die Corona-Pandemie nicht auch eine Chance für einen neuen Bürgermeister?
Krisenmanager sind derzeit gefragt… Natürlich – jede Krise bietet auch Chancen. Wir können ausgetrampelte Pfade verlassen und auf einen neuen Prüfstand stellen. Dazu zwingt uns auch Corona. Wir sind dazu aufgerufen, Dinge zu hinterfragen, neu auszurichten. Gerade in der Digitalisierung im Amt wird sich vieles ändern, denn die Dinge, die man in der
Corona-Krise gelernt hat, wird man auch in Zukunft nutzen können.
Wie gehts der Familie mit der Umstellung?
Ich habe das große Glück, sehr nahe an meinem Arbeitsplatz zu wohnen, das erleichtert vieles, denn ich kann die Mittagspause zu Hause verbringen oder bin abends schnell zu Hause. Das macht das Familienleben leichter. Auf der anderen Seite muss man aber sagen, dass ich als selbstständiger Unternehmer ein hohes Arbeitspensum gewohnt bin. Die Umstellung war für meine Familie nicht so groß.
Es wird immer wieder thematisiert, dass Sie erst 32 Jahre alt sind. Welche Rolle spielt für Sie Ihr Alter?
Für mich persönlich spielt mein Alter keine Rolle. Man hört von vielen Seiten, dass die Jugend mehr in die Politik eingebunden werden soll und wenn man einen jungen Bürgermeister hat, wäre das dann plötzlich nicht recht. Ich denke, mit Anfang 30 ist das die richtige Zeit, es gibt gute Beispiele wie Sebastian Kurz in Österreich, dass man in jungen Jahren erfolgreich sein kann. Themen wie Digitalisierung oder eGovernment werden in Zukunft eine noch größere Rolle spielen und da kann ich mich sehr gut einbringen.
Ihr erstes politisches Amt ist gleich der Posten als erster Bürgermeister. Wie empfinden Sie die politische Arbeit in den Stadtratssitzungen und Ausschüssen?
Es ist eine große Ehre, von den Bürgern das Vertrauen bekommen zu haben, in dieses Amt gewählt worden zu sein. Das macht mich stolz! Die politische Arbeit ist oft sehr schwierig, es gibt Reibereien und der Weg ist nicht immer einfach. Für den Einzelnen
ist es oft sehr mühselig, dennoch finden wir auch bei längeren Debatten einen
gemeinsamen Nenner.
Sie kamen als Unternehmer in die Stadtverwaltung. Worin unterscheidet sich das Amt des Bürgermeisters am meisten von Ihrer früheren Tätigkeit?
Der größte Unterschied ist die politische Arbeit zum Beispiel im Stadtratsgremium, denn in einem Familienunternehmen muss man sich gemeinsam abstimmen, aber am Ende des Tages möchte man das Gleiche.
Im Stadtrat ist das anders, hier kommen zudem noch parteipolitische Ansichten oder die Interessen von z. B. Vereinen hinzu, all das macht die Arbeit vielschichtiger und schwieriger.
Im Endeffekt geht es um das Wohl der Kreisstadt Mühldorf am Inn, das muss man
sich immer wieder vor Augen halten. Parteipolitisches Taktieren sollte keine Rolle spielen.
Oftmals hört man die Kritik, eine Verwaltung sei träge. Wie empfinden Sie das?
Nach gut drei Monaten kann ich behaupten: Das stimmt nicht! Da spielen noch die
alten Beamtenwitze mit. In der Stadtverwaltung gibt es viele fleißige engagierte Mitarbeiter, die vieles erst möglich machen. Die Stadtverwaltung ist sehr modern aufgestellt und mit einem großen Unternehmen vergleichbar.
Haben Sie sich bereits im neuen Amt eingelebt? Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Ich habe mich sehr gut eingearbeitet, alle Bereiche durchlaufen und habe die meisten zugehörigen Betriebe besucht. Mein Arbeitsalltag sieht so aus, dass ich von 8 Uhr morgens bis abends im Büro bin und mein Arbeitstag mit Terminen durchgetaktet ist – von Ruhe kann ich nicht berichten, trotz Corona ist mein Kalender komplett voll.
Nun zur inhaltlichen Ausrichtung Ihrer Arbeit: Welche Projekte liegen Ihnen besonders am Herzen?
Corona hat die Projekte nicht aufgehoben, sondern nur verschoben. Wir haben viele Projekte angefangen und versucht, meine Wahlkampfthemen umzusetzen. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, die Mühldorfer Innenstadt zu beleben.
Mit einer Umfrage bei den Anwohnern und Unternehmen zum Thema Parkplätze haben wir begonnen. Wir wollen den Bedarf erheben, das wurde bislang noch nie gemacht, früher hat man mit statistischen Berechnungen gearbeitet. Die Zahlen werden derzeit ausgewertet und fließen in den Stadtentwicklungsausschuss, um Lösungsansätze zu finden.
Zudem haben wir uns mit den Verkehrsplanern zusammengesetzt und durchgerechnet, welche Effekte die kleine und die große Ortsumfahrung bringen. Hier werden auch kleinere Maßnahmen durchgesprochen, um einzelne neuralgische Punkte zu entschärfen, den Verkehrsfluss zu steigern und vor allem auch die Sicherheit von Fahrradfahrern und Fußgängern zu erhöhen.
Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist, ist die Begrünung der Kindergärten – wir wollen in Zukunft mit größeren Bäumen arbeiten, um natürliche Schattenspender einzusetzen.
Wo liegen Ihrer Meinung nach Mühldorfs Stärken?
Die Stärken Mühldorfs liegen in der wirtschaftlichen Situation. Wir werden die Corona-Pandemie sehr gut überstehen, weil wir sehr breit aufgestellt sind und ein breites Spektrum an Wirtschaftsbetrieben vor Ort haben.
Damit können auch Arbeitsplätze angeboten werden, was natürlich der Bevölkerung zu Gute kommt. Wir versuchen, diese Chancen zu nutzen und tun das Unsrige dazu, dass den Bewohnern ein hervorragendes Angebot z. B. in der Kinderbetreuung zur Verfügung steht. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir bundesweit den 17. Platz in punkto Kinderfreundlichkeit erzielt haben.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist unser historischer Stadtkern, wir sind keine Retortenstadt. Das Leben am Stadtplatz macht Mühldorf einzigartig und macht Mühldorf für Bewohner und
Besucher so attraktiv.
Welche Schlagzeilen wollen Sie Ende des Jahres in der Zeitung lesen?
Wünschenswert wäre, zu lesen, dass wir Corona gut überstanden haben. Ich hoffe, dass wir finanziell und gesundheitlich die nächsten Monate weiterhin so gut meistern. Derzeit sind wir am Scheideweg – für viele sind die coronabedingten Einschränkungen eine große Last. Aber es hilft nichts, ich möchte nicht, dass wir im Herbst wieder da landen, wo wir im Frühjahr waren. Den ersten Shutdown haben unsere Unternehmen vor Ort gut gemeistert, einen zweiten werden wir nicht mehr so gut überstehen. Das ist für mich das Allerwichtigste.
Und was wäre für Sie persönlich wünschenswert?
Mich persönlich würde es freuen, wenn in der Zeitung steht, Bürgermeister Hetzl hat sein erstes Jahr trotz Krise gut abgeschlossen und konnte erste Impulse setzen.
Bürgermeister Hetzl, Danke für das Gespräch.