Droht Hort von 80 Kindern das Aus?
Der Elternbeirat des Kinderhorts der Arbeiterwohlfahrt Mühldorf sieht die Betreuung von rund 80 Kindern gefährdet, wenn die Räumlichkeiten in der Konrad-Adenauer-Straße 9 von der Kreisstadt bis zum 31. Juli gekündigt werden. Nach Gesprächen mit den Stadtratsfraktionen hat der Beirat laut Hermann Dick den Eindruck, die Stadt gehe davon aus, dass die Kooperative Ganztagesbildung an der Grundschule Mühldorf a. Inn-Altmühldorf alle Bedürfnisse abdecke und dass künftig keine Wahlmöglichkeit für die Eltern mehr notwendig sei. Mitte Dezember 2023 hat sich der Beirat schriftlich an den 1. Bürgermeister Michael Hetzl, Mühldorfs 2. Bürgermeisterin Ilse Preisinger-Sontag sowie alle Stadträte gewandt und seine Argumente für den Erhalt des Horts vorgebracht. Seitdem sammelt er in Abstimmung mit der Hortleitung Unterschriften, um den Bedarf und den Entscheidungswillen der Eltern aufzuzeigen. Beabsichtigt sei, einerseits den Hort am Ort zu behalten, andererseits die Wahlmöglichkeit der Eltern zu erhalten. Der Stadtrat will sich mit dem Thema in seiner nächsten Sitzung befassen.
Bis 2016 in beengten Räumlichkeiten auf der Herzog-Friedrich-Straße mit 56 Kindern in zwei Gruppen untergebracht, ist der Hort – nach einer Übergangsphase in einem Gebäude am Stadtplatz mit Raum für 80 Kinder in drei Gruppen – erst 2021 in einen Neubau an der Konrad-Adenauer-Straße umgezogen. Mittlerweile führt der Hort eine Warteliste mit weiteren 20 Kindern.
Mitte November 2023 erhielt dessen Leitung Kenntnis über die Absicht der Kreisstadt, den fünf Jahre geltenden Trägervertrag zu kündigen und die Räume künftig selbst zu nutzen, denn auch die Kooperative Ganztagesbildung (KoGa) an der Grundschule Mühldorf a. Inn-Altmühldorf wachse. Vertreter des Horts und des Elternbeirats führen seitdem Gespräche mit den im Stadtrat vertretenen Parteien, um die Situation und das Angebot des Horts zu erläutern und die Kündigung der Räumlichkeiten abzuwenden. Mitte Dezember 2023 äußerten sich Elternbeirat und Mühldorfer Familien und richteten schriftlich einen Appell zum Erhalt des Horts an Mühldorfs 1. Bürgermeister Michael Hetzl, Mühldorfs 2. Bürgermeisterin Ilse Preisinger-Sontag sowie alle Stadträte. In ihrem Schreiben gaben sie ihrer Bestürzung über die Kündigung Ausdruck und betonten, dass die KoGa „kein adäquater Ersatz“ sei. Inzwischen haben die Eltern sogar eine Liste mit über 100 Unterschriften zum Erhalt des Horts gesammelt.
Im Vergleich zur KoGa böte der Hort eine umfassende Betreuung, die den Familien beispielsweise durch die geringere Zahl an Schließtagen sowie die Betreuung an Feiertagen in besonderem Maße gerecht werde. Der Elternbeirat verwies dabei auf jene Kinder, „die besondere Bedingungen und einen erhöhten Betreuungsbedarf benötigen, um gut lernen zu können“, konkret: Kinder aus Förderschulen, Kinder aus Familien mit nichtdeutschsprachigen Eltern, Kinder mit bestehenden Diagnosen wie ADHS, Kinder aus bildungsfernen Familien sowie Kinder, die erst in das schulische Lernen hineinwachsen müssten. „Gerade diese Kinder sprengen oft herkömmlich strukturierte Betreuungssysteme“, weshalb der AWO-Kinderhort „die einzige Institution“ sei, die für diese Kinder sowohl eine Nachmittags- und Ferienbetreuung anbiete als auch „eine tatsächliche Inklusion“ ermögliche. Neben der Hausaufgabenbetreuung in Kleingruppen durch pädagogisch qualifiziertes Personal profitierten die Kinder von zusätzlicher Lernzeit, bei der auf den Erwerb von Lernkompetenz fokussiert werde. Überdies begünstige der enge Kontakt durch die räumliche Nähe zur Grundschule den individuellen Blick auf die Fähigkeiten und Entwicklungspotenziale des Einzelnen.
Der Elternbeirat ergänzte, der Hort böte neben dem klassischen Mittagsprogramm für Kinder, deren Eltern die Betreuung nach der Schule nicht übernehmen können, „auch eine familiäre Atmosphäre, ein Zugehörigkeitsgefühl und echte Teilhabe, gestärkt durch beispielsweise Ferienfahrten in den Sommerferien, Samstagsausflüge oder Nachmittagsangebote, die auch maßgeblich zum sozialen Lernen und zur Persönlichkeitsbildung beitragen“. Darüber hinaus würden bei einer Kündigung zahlreiche Kooperationsprojekte mit der Grundschule ersatzlos wegfallen, etwa das Schülerfrühstück, Meditation im Klassenzimmer, das Schulbienenprojekt, Märchen- und Erzählstunden im Deutschunterricht oder der Schwimmkurs in den Ferien: „Ein tiefer Einschnitt in die Bildung jenseits des Lernens mit Büchern und in das Portfolio der Stadt Mühldorf am Inn“.
Gründe für den Verbleib des AWO-Kinderhorts
Auch die Leitung des AWO-Kinderhorts an der Grundschule hat im Gespräch mit den Kommunalpolitikern Argumente zum Verbleib in den Räumlichkeiten der Konrad-Adenauer-Straße vorgebracht. So sei die Arbeiterwohlfahrt ein verlässlicher Sozialpartner, helfe der Hort der Stadt bei der Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages der Ganztagsbetreuung, biete die Stadt den Eltern mit der AWO-Einrichtung eine Wahlmöglichkeit an Trägern, sei der Personalstamm des Horts stabil, garantiere dessen „hohe Fachkompetenz“ beste Betreuung und Bildung am Nachmittag. Abrundend offeriert der Hort der Kreisstadt, in den Räumen des Kinderhorts zusätzlich vormittags einen „Schulkindergarten“ zu betreiben. Dieser würde Kinder ab dem Vorschulalter, vor allem aber zurückgestellte Kinder oder „Kinder aus dem Korridor“ aufnehmen. Dieser „Schulkindergarten“ übernehme dann „eine Brückenfunktion zwischen Einrichtung und Schule“, sei „eine optimale Hinführung zur Schulfähigkeit innerhalb eines Schuljahres“ und bringe der Stadt „den Vorteil, flexibel bis zu 20 Betreuungsplätze belegen zu können ohne zusätzlichen Raumbedarf – und ohne zusätzlichen Personalbedarf“. Leiterin Anika Stiller zeigt sich zwar erfreut, dass der Austausch auch seitens der Kommunalpolitiker gesucht wurde und die Offerte eines „Schulkindergartens“ positiv aufgenommen worden sei, doch niemand habe sich ihr gegenüber positioniert: „Wie es weitergeht, ist leider offen.“
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