Neumarkt-Sankt Veit – Wie ein Klosterdorf zur modernen Stadt wurde
Seit dem Jahr 2001, nach mehrjährigen Umbauarbeiten, beherbergt Schloss Adlstein das Rathaus der Stadt Neumarkt-Sankt Veit. Foto: Maximilian Baumgartner
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Neumarkt-Sankt Veit – Wie ein Klosterdorf zur modernen Stadt wurde

Eine Zeitreise.

Gehen wir zurück ins 12. Jahrhundert. Die Geschichte von Neumarkt-Sankt Veit beginnt mit dem Benediktinerkloster St. Veit, das im Jahr 1171 aufgrund einer Stiftung auf dem Vitusberg errichtet wurde. Die Mönche kamen aus Salzburg und wurden schnell zur bestimmenden Kraft im oberen Rottal. Der niederbayerische Herzog Heinrich XIII. setzte dem salzburgischen Kloster im August 1269 auf der anderen Seite der Rott einen herzoglichen Markt gegenüber, denn er wollte an seiner wichtigen Straße, die die Residenzstädte Landshut und Burghausen miteinander verband, seine Präsenz unterstreichen. Das bauliche Konzept Neumarkts, ein zum Rechteck verbreiterter Straßenplatz, mit zwei Toren abgeschlossen und kontrolliert, zeigt die Absicht des Herzogs, auch für das Umland einen Mittelpunkt zu schaffen. So standen sich am Ende des Mittelalters mit Kloster und Markt zwei unabhängige Kräfte gegenüber, die beide aber eine gesunde Entwicklung gemeinsam hatten. Das Kloster besaß an die 450 Bauerngüter, die Pfarrei Vilsbiburg war ihm einverleibt und der Abt durfte Stab und Mitra tragen. Der neue Markt wurde zum wirtschaftlichen Mittelpunkt, aus den zugezogenen Bauernsöhnen wurden Handwerker, Handelsmänner und wohlhabende Bürger, die ihren Markt selbst regierten, für ihre Kinder einen eigenen Schulmeister bestellten und sich eine eigene Marktkirche auf den Platz stellten.

Reformation • 30-jähriger Krieg • Pest
Im Pflegschloss Adlstein saß der herzogliche Pfleger, am Ende des Platzes stand der herzogliche Kasten, zu dem die Bauern ihren Zins für den Landesherrn zu liefern hatten. Das Kloster baute die größte und schönste Hallenkirche der weiten Umgebung, der Landshuter Bildhauer Hans Leinberger schuf etwa 1515 für Abt Nikolaus Humbler seine Neumarkter Madonna. Die schlimmen Jahre der Geschichte haben Markt und Kloster gemeinsam betroffen. Da ist der Landshuter Erbfolgekrieg, die Wirrnisse der Reformation, der 30-jährige Krieg, der auch noch die Pest brachte, der spanische Erbfolgekrieg von 1705, die Pandurenzeit und all das Unheil, das mit Kaiser Napoleon auch über das Rottal kam.

Die elegante Zwiebelhaube, die Johann Michael Fischer 1765 für die Klosterkirche St. Veit entwarf, wurde zum Sinnbild für den Glanz barocker Kirchenkunst, für Gelehrsamkeit, Musik und Philosophie, für den großen Aufschwung, den das Kloster im 17. und 18. Jahrhundert erlebte. Zum geistlichen Mittelpunkt gab es eine Entsprechung in ausgedehnten Wäldereien, wogenden Feldern und einem köstlichen Gerstensaft. Die Säkularisation von 1802 hat allem ein Ende gemacht, neue Besitzer konnten St. Veit den alten Glanz nicht wiedergeben und die Klosterkirche wurde zur Pfarrkirche.

Dem Markt brachte das 19. Jahrhundert eine glücklichere Zeit. Das bürgerliche Zeitalter hat seine letzten Jahrzehnte in einer Idylle zugebracht. Brauerei-, Guts- und Realitätenbesitzer bestimmten die Szene. Den Beginn der Neuzeit kann man am Jahr 1875 ablesen. Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Mühldorf-Plattling kam die erste Lokomotive nach Neumarkt und mit der Inbetriebnahme der Strecken Neumarkt-Pocking 1879 (bis Passau 1888) und von Neumarkt nach Landshut 1883 stieg Neumarkt zum Eisenbahnknotenpunkt auf. Schon mit dem Bau der Bahn, aber noch mehr mit der Inbetriebnahme, stieg die Einwohnerzahl spürbar. So entstand ein ganz neues Viertel, in dem 1879 das Amtsgericht gebaut wurde, zusammen mit den Bauten, die die jungen Architekten Reißl teils im klassizistischen, teils im Jugendstil erstellten.

Die Eisenbahn veränderte viel im Markt, sie sprengte den alten Kern des Marktplatzes, sie unterbrach den alten Kreuzweg nach Teising hinauf, ja man kann sagen, mit diesen Jahren veränderte sich auch die wirtschaftliche Struktur des alten herzoglichen Marktes. Auch die bauliche Substanz erfuhr eine Veränderung, alte Bürgerhäuser wurden verbaut und modernisiert, die hölzerne Mühle wurde nicht mehr gebraucht und aus dem herzoglichen Kasten von 1495 wurde schließlich ein Kino.

Neumarkt-Sankt Veit entsteht und floriert
Das 20. Jahrhundert hat besonders in seiner zweiten Hälfte erneut tiefgreifende Veränderungen gebracht. Das Bürgertum als gesellschaftsbestimmendes Element musste neuen Kräften weichen. Die beiden Gemeinden St. Veit und Wolfsberg wurden zu einer Gemeinde verschmolzen und wählten im Juni 1920 erstmals einen gemeinsamen Gemeinderat mit Bürgermeister. Die politischen Umwälzungen nach dem Ersten Weltkrieg brachten die Demokratie nach Neumarkt, mit Parteien und freien und geheimen Wahlen, an denen sich nun auch Frauen beteiligen durften.

Bürgermeister Peter Hans zum Rücktritt genötigt
Nach der großen Inflation von 1923/24 gab es einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufschwung, die erste öffentliche Wasserversorgung wurde 1928 in Betrieb genommen, neue Vereine wurden gegründet. Der wirtschaftliche Niedergang ab 1930 und die steigende Arbeitslosigkeit führten zum Zusammenbruch der Weimarer Republik. 1933 übernahmen die Nationalsozialisten auch die Herrschaft in Neumarkt, der amtierende Bürgermeister Peter Hans wurde zum Rücktritt vom Amt genötigt und die politischen Gegner aus dem Marktgemeinderat entfernt. Die Gleichschaltung hatte begonnen, viele der Vereine wurden aufgelöst oder von NSDAP-nahen Organisationen übernommen. 1934 wurde die Gemeinde Wolfsberg-St. Veit mit der Marktgemeinde Neumarkt a. Rott zur Gemeinde Neumarkt-Sankt Veit zusammengeschlossen.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges veränderte das Leben in der Gemeinde, von Bombenangriffen wie 1945 in Mühldorf a. Inn blieb der Markt jedoch gottlob verschont und mit dem Einmarsch der Amerikaner endete im Mai 1945 auch hier dieses traurige Kapitel der Geschichte. In der Folgezeit hat die Vertreibung und der daraus resultierende Flüchtlingsstrom den alten Markt vor neue Aufgaben gestellt. Die Einwohnerzahl hat sich nahezu verdoppelt, neue Klein- und Mittelbetriebe siedelten sich an, Schulprobleme waren zu lösen, neue Verkehrsverbindungen, Wasser- und Energieversorgung waren große Herausforderungen für die Gemeinde.

Im Jahr 1956 wurde Neumarkt-Sankt Veit vom Bayerischen Innenministerium zur Stadt erhoben und damit als das Zentrum des nördlichen Landkreises Mühldorf a. Inn weiter gestärkt. Durch die Gebietsreform 1972 wurden die ehemaligen Gemeinden Elsenbach, Feichten, Hörbering und Wiesbach in die Stadt Neumarkt-Sankt Veit eingegliedert. Im Jahr 1978 kam dann noch ein Teil der ehemaligen Gemeinde Thambach zur Stadt Neumarkt-Sankt Veit. Im Landkreis Mühldorf a. Inn ist Neumarkt-Sankt Veit damit die flächenmäßig größte Gemeinde.

Neumarkt-Sankt Veit heute: attraktive Wohn- und Einkaufsstadt
Neumarkt-Sankt Veit präsentiert sich heute als attraktive Wohn- und Einkaufsstadt mit vielen interessanten Freizeitmöglichkeiten. Eine Reihe von historisch bedeutsamen Gebäuden wurde durch die Stadt, aber auch durch private Inhaber, originalgetreu restauriert. Neben Angeboten und Einrichtungen für eine Vielzahl von Sportarten wurde anstelle des schon vorher bestehenden Freibades ein komplett neues Erlebnisbad errichtet. Trotz vieler Investitionen und der Energiekrise kann Neumarkt-Sankt Veit seine Aufgaben nach der Corona-Krise ohne Neuverschuldung bewältigen. Beim Einsatz erneuerbarer Energien produziert die Stadt mehr, als sie verbraucht: 2020 erzeugten die PV- und Biogas-Anlagen im Gemeindegebiet eine Strommenge von 124,8 Prozent – Tendenz steigend.  nsv/okk

Gruß aus dem Rathaus

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der Krieg in der Ukraine tobt leider immer noch und der Konflikt im Gaza-Streifen führt uns vor Augen, wie gut wir es doch eigentlich hier in unserer Heimat haben. Dafür sollten wir neben allen Sorgen einfach dankbar sein. Im zurückliegenden Jahr hat sich in Neumarkt-Sankt Veit wieder viel getan. Unser neuer Stadtplatz konnte nahezu fertiggestellt werden und hat die eine oder andere Feierlichkeit schon mit Bravour bestanden.

Im Energiebereich ist der Ausbau des Fernwärmenetzes in vollem Gange. Der Bescheid für den Zuschuss in Höhe von 90 % zur Wärmeplanung für Neumarkt-Sankt Veit und Egglkofen ist am 1.12.2023 eingegangen und wir konnten diese Arbeiten ausschreiben. Der Glasfaser-Breitbandausbau im Innenbereich geht demnächst voran. Hier hat die Telekom einen eigenwirtschaftlichen Ausbau auf eigene Kosten zugesagt. Und für den Glasfaserausbau im Außenbereich haben wir die Bundesmittel zugesagt bekommen: Wir rechnen hier für die Gesamtkosten ebenfalls mit einem Gesamtzuschuss in Höhe von 90 %! Ganz überraschend haben wir aus dem Bayerischen Landtag heraus mit Unterstützung durch MdL Markus Saller eine Sonderzuwendung in Höhe von 40.000 Euro für Wohnmobilstellplätze am Volksfestplatz zugesichert bekommen.

Weitere große finanzielle Anstrengungen liegen vor uns: der Erwerb einer Feuerwehr-Drehleiter, die Sanierung der Kläranlage und der Bau eines Mobilfunk-Mastes. Neben dem Finanziellen ist natürlich die Abwicklung für die Verwaltung eine Mammutaufgabe. Mein persönlicher Dank gilt unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern – ganz besonders denjenigen, die nicht durchwegs im Kreise ihrer Familie oder Freunde sein können, sondern ihre Zeit und Arbeitskraft in den Dienst der Allgemeinheit stellen, bei der Feuerwehr, der Polizei, im Rettungsdienst, in den Krankenhäusern und in sozialen Einrichtungen, ebenso unseren Mitarbeitern im Bauhof für ihren tollen Einsatz über die Jahreszeiten hinweg und allen Ehrenamtlichen, die das ganze Jahr über so viel für die Gemeinschaft leisten.

Für die Zukunft wünsche ich allen Bürgern, dass die Krisen schnell an uns vorbeigehen und wir wieder ein normales Leben führen können.

Ihr Erwin Baumgartner, 1. Bürgermeister

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