Geschäftsmäßige Sterbehilfe ist in Deutschland künftig strafbar. Nach eindringlicher Debatte setzte sich im Bundestag ein entsprechender Gesetzentwurf gegen heftigen Widerstand klar durch. Danach dürfen Vereine oder Einzelpersonen künftig keine Beihilfe zum Suizid als Dienstleistung anbieten. Die Entscheidung ist das vorläufige Ende einer langjährigen Meinungsbildung in Parlament und Öffentlichkeit über eine heikle Gewissensfrage.
360 Ja-Stimmen, 233 Nein-Stimmen, neun Enthaltungen. Das abschließende Votum ist ein klares Signal, dass das Geschäft mit dem Tod in Deutschland unerwünscht ist: Wird etwa einem sterbenskranken, schwerst leidenden Menschen geschäftsmäßig ein tödliches Medikament verabreicht, drohen dem Täter mit einem neuen Straftatbestand bis zu drei Jahre Haft. Die Warnung vor einer Tendenz zu mehr Sterbehilfeangeboten in Deutschland wog letztlich schwerer als die Furcht vor einer Kriminalisierung von Ärzten und einer Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen.
Die leidenschaftliche Bundestagsdebatte ohne Fraktionszwang offenbarte erneut unüberwindbare Gräben. CDU-Bundestagsabgeordneter Michael Brand betonte, das Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe schütze Menschen vor unlauteren Angeboten. Menschen in scheinbar aussichtsloser Lage würden vor gefährlichem Druck zur Selbsttötung geschützt. Bundestagsvizepräsident Peter Hintze, Mitinitiator eines konkurrierenden Gesetzentwurfes und ebenfalls CDU-Politiker, warnte hingegen vor einer Verschärfung des Strafrechts. Mit dem Rechtsstaat sei unvereinbar, Tausende verantwortungsvolle Ärzte mit Strafe zu bedrohen, um einen Scharlatan zu erwischen. Hintzes Entwurf sollte für sterbenskranke Menschen die Möglichkeit des ärztlich begleiteten Suizids schaffen. Angehörige und Ärzte sollten am Sterbebett stehen, nicht der Staatsanwalt.
Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) favorisiert wiederum den Entwurf von Michael Brand und Kerstin Griese (SPD): „Es ist richtig, dass unsere Rechtsordnung zum Drama der Selbsttötung schweigt.“ Doch Suizidassistenz sei keine Handlungsvariante, so Gröhe. Patrick Sensburg (CDU) wollte mit anderen sogar die Anstiftung zur Selbsttötung verbieten: „Nicht durch die Hand eines anderen sollen Menschen sterben, sondern an der Hand eines anderen.“ SPD-Abgeordnete Griese beschwichtigte, Suizid und Beihilfe blieben auch nach ihrem Gesetzentwurf straffrei und der bisherige Freiraum der Ärzte erhalten.
Mehrere Abgeordnete plädierten letztlich erfolglos dafür, auf eine Neuregelung ganz zu verzichten: Katja Keul von Bündnis 90/DIE GRÜNEN und andere Parlamentarier sahen in allen vier zur Abstimmung gestellten Entwürfe verfassungsmäßige Mängel.
Spitzenvertreter der katholischen und der evangelischen Kirche loben den gefassten Beschluss als „starkes Zeichen für den Lebensschutz und damit für die Zukunft unserer Gesellschaft und ihren Zusammenhalt“. Und Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery ist erfreut, „dass der Deutsche Bundestag den Anträgen einiger Parlamentarier für eine Liberalisierung der Sterbehilfegesetzgebung nicht gefolgt ist“.
Rosenheims Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (CSU) hat den Antrag zum Verbot der gewerbsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung und zum Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung unterstützt: „Dies war mir deshalb wichtig, weil nicht nur das gewinnorientierte Handeln unter Strafe gestellt werden soll, sondern auch jede im Eigeninteresse stehende Beihilfe zum Suizid.“ Abschließend könne es keine richtige Meinung geben, so Ludwig, doch sie begrüße, dass der gewerbsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung „eine klare Absage erteilt worden ist“.
Olaf Konstantin Krueger
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