„Hoch emotionale Diskussion“: Unterschriften fürs „Strabs-Aus“
Bild: KALABA-MG

„Hoch emotionale Diskussion“: Unterschriften fürs „Strabs-Aus“

Die umstrittenen Straßenausbaubeiträge für kommunale Straßen sollen in Bayern abgeschafft werden. Ein von den Freien Wählern (FW) initiiertes Volksbegehren bezweckt, einen Gesetzentwurf zur Aufhebung der Erhebungspflicht zu unterstützen. Ziel ist, 25.000 Unterschriften bis März zu erreichen. Für Hubert Aiwanger, FW-Fraktionschef im bayerischen Landtag, ist die Straßenausbaubeitragssatzung, kurz: Strabs, nicht nur ein Wort-Ungetüm: Manche Anwohner müssten sich mit bis zu sechsstelligen Beträgen am Ausbau der Straßen beteiligen – ohne Mitspracherecht und ohne erkennbare Vorteile für die Grundstückseigentümer. „Das System ist ungerecht und verursacht in den Kommunen erheblichen Verwaltungsaufwand sowie politischen Ärger“, so Aiwanger. Neun Monate vor der Landtagswahl will die CSU die Strabs nun ebenfalls abschaffen – zur „nachhaltigen Befriedung der mittlerweile hoch emotionalen Diskussion“.

Im Vergleich zu Erschließungsbeiträgen für Maßnahmen, bei denen Straßen erstmalig nach dem Standard des Erschließungsbeitragsrechts hergestellt werden, handelt es sich bei Straßenausbaubeiträgen um Verbesserungs- oder Erneuerungsmaßnahmen einer bereits hergestellten Straße: Die bayerischen Kommunen können Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigte verpflichten, sich an den Kosten für die Sanierung von Ortsstraßen, Straßenbeleuchtung und der Renovierung von Regenwasserkanälen zu beteiligen. Grundlage dafür ist das „Kommunalabgabengesetz (KAG)“ aus dem Jahr 1974. Rund 72,6 Prozent der bayerischen Kommunen haben Straßenausbaubeitragssatzungen erlassen. Eingetrieben werden die Strabs unterschiedlich: Die Bandbreite der erhobenen Beiträge reicht von 39,1 Prozent in Niederbayern bis zu 97,1 Prozent in Unterfranken. Bayernweit sollen 65,5 Millionen Euro im Jahr 2013 und 62,3 Millionen Euro im Jahr 2014 erhoben worden sein.

Infolge einer Änderung der KAG im Dezember 2016 werden für Straßen, deren technische Erschließung zwar 25 Jahre zurück liegt, die aber noch nicht endgültig hergestellt sind, keine Erschließungsbeiträge mit 90 Prozent erhoben, sondern nur noch Straßenausbaubeiträge. Seitdem sind die Kommunen bestrebt, betroffene Ortsstraßen schnellstmöglich auszubauen. Kommt das „Strabs-Aus“, müssen Anwohner entweder 90 Prozent der Kosten übernehmen oder gar nichts. Letzteres stellt die Kommunen vor Probleme. So ist etwa die Unterscheidung, welche Straße nach der Strabs abzurechnen ist und welche unter das geänderte KAG fällt, genauso schwierig wie die Definition des Beginns der erstmaligen Herstellung.

CSU: Strabs „schnellstmöglich abschaffen“

Nürnberg beispielsweise kassiert für Sanierungsmaßnahmen jährlich an die zwei Millionen Euro von den Anwohnern. Bei einer Abschaffung der Strabs hat dem 2. Bürgermeister Christian Vogel (SPD) zufolge der Freistaat für finanziellen Ausgleich zu sorgen. Der bayerische Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat Markus Söder (CSU) solle beim Wort genommen werden. Söder, der Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in Kürze als Regierungschef ablösen soll, hat zwischenzeitlich Regelungen angekündigt, den Kommunen die Mindereinnahmen zu erstatten: „Wir brauchen dann aber saubere Übergangsregelungen und eine finanzielle Kompensation für die Kommunen“, erklärt Söder. „Es soll niemand benachteiligt sein.“ Damit kommt Söder dem Bayerischen Gemeindetag entgegen, der die „vollständige Kompensation“ der wegfallenden Beiträge erwartet.

FW: „Druck aufrecht erhalten“

„Die Daumenschrauben werden erst gelockert, wenn die Dinge vollendet sind“, betont indes Aiwanger. Deshalb verfolgen die Freien Wähler ihr Volksbegehren weiter. „Durch unser Aufhebungsgesetz schlagen wir gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Wir beenden ein unfaires und daher unbrauchbares Berechnungssystem, reduzieren den Verwaltungsaufwand in den Kommunen und lassen nicht länger zu, dass finanzschwache Kommunen gezwungen sind, die unbeliebten Beiträge zu erheben“, erläutert Aiwanger. So hätten Kommunen auch keinen Anlass mehr, anstehende Straßenreparaturen auf die lange Bank zu schieben.

Mehr Information und die Unterschriftenliste zum Selbstausdrucken sind online abrufbar unter volksbegehren-strabs.bayern.

Olaf Konstantin Krueger

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