Schwindegg erstrebt Normalität nach der Corona-Krise – Kamhuber: „Ziele im Auge behalten“
Schloss Schwindegg: ein historisches Juwel. Foto: re
Prosepkt Box

Schwindegg erstrebt Normalität nach der Corona-Krise – Kamhuber: „Ziele im Auge behalten“

Schwindegg – Der Bayerische Gemeindetag erwartet für 2021 einen „Corona-Schock“. Trotz einer Finanzspritze von rund 2,4 Milliarden Euro durch die Bayerische Staatsregierung könnten die Gewerbesteuerausfälle zu einer Finanzkatastrophe führen. Aktuelle Projekte in kleinen Kommunen seien kaum gefährdet, wohl aber künftige Vorhaben. Für Schwindegg im oberbayerischen Landkreis Mühldorf am Inn ist die Corona-Krise nach den Worten von Bürgermeister Roland Kamhuber „eine große Herausforderung“ für Verwaltung, Wirtschaft und Kultur. Die Schwindegger Gewerbetreibenden traf der Lockdown „mit einer existenziell gefährlichen Wucht“. Nun hofft der CSU-Politiker auf Normalität, appelliert, das Erreichte nicht aufs Spiel zu setzen und die gesteckten Ziele im Auge zu behalten.

Im Landkreis Mühldorf am Inn wurde der erste mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) Infizierte am 17. März 2020 registriert. Mit Stand vom 28. August 2020 sind insgesamt 577 COVID-19-Fälle bestätigt worden – von diesen sind 27 Personen verstorben, 526 Personen genesen, 24 Personen zwar aktiv, doch niemand in stationärer Behandlung. Die 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, liegt bei 13,8. Für die Gemeinde Schwindegg sind zu diesem Zeitpunkt 15 COVID-19-Fälle bestätigt, von diesen sind 14 Personen genesen.

Bei der Wahl des 16-köpfigen Gemeinderates Schwindegg am 15. März 2020 verlor die CSU knapp elf Prozent. Das Ergebnis: Christlich-Soziale Union in Bayern e. V. 8.535 Stimmen/29,8 Prozent/fünf Mandate (im Vergleich zur Kommunalwahl 2014 ein Minus von 10,6 Prozent und zwei Sitzen), Freie und Unabhängige Wählergemeinschaft Schwindegg 6.628 Stimmen/23,1 Prozent/vier Mandate (-7,3 Prozent/-1 Sitze), Bürgerliste Schwindegg (BLS) 5.766 Stimmen/20,1 Prozent/drei Mandate (2014 nicht angetreten), Einig Walkersaich/Wörth 3.824 Stimmen/13,3 Prozent/zwei Mandate (-0,7 Prozent/unverändert), Bündnis 90/DIE GRÜNEN 3.323 Stimmen/11,6 Prozent/zwei Mandate (-2,4 Prozent/unverändert) – abgeschlagen die Sozialdemokratische Partei Deutschlands 602 Stimmen/2,1 Prozent/kein Mandat (2014 nicht angetreten). Bei der Wahl zum Ersten Bürgermeister wurde Roland Kamhuber (CSU) neu gewählt (963 Stimmen/52,5 Prozent).

Bürgermeister Kamhuber einhundert Tage nach seiner Wahl im Gespräch.

Krueger: Welche kommunalpolitischen Schwerpunkte stehen für Sie als Ersten Bürgermeister für Schwindegg im zweiten Halbjahr 2020 auf der Agenda?

Kamhuber: Wie in anderen Städten und Gemeinden in Bayern der Fall, so ist auch in Schwindegg derzeit der Fokus Corona-bedingt auf eigentlich selbstverständliche Bedürfnisse gelegt, um in gewissen Bereichen des Lebens wieder Normalität herzustellen. Ganz oben steht da natürlich, alles Nötige zu veranlassen, dass wir wieder einen geregelten Schulbetrieb hinbekommen. Durch Erarbeitung von speziellen Hygienekonzepten wollen wir dies bestmöglich in die Tat umsetzen.

Nichtsdestotrotz wollen wir aber auch, gerade in Zeiten von Corona, unsere gesteckten Ziele nicht aus den Augen verlieren und notwendige Infrastrukturprojekte wie etwa das Feuerwehrgerätehaus in Walkersaich angehen. Als langjähriges aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Schwindegg und auch dank meiner zwölfjährigen Tätigkeit in der Vorstandschaft des Feuerwehrvereins kann ich bestens beurteilen, wie wichtig eine gut ausgerüstete Feuerwehr vor Ort ist. Daher ist es für mich nur richtig, diesen leidenschaftlichen Einsatz unserer beiden Feuerwehren Walkersaich und Schwindegg wert zu schätzen und mit der nötigen Infrastruktur für die Zukunft aufzustellen.

Aber auch das Thema Bauland und Schaffung von Wohnraum werde ich in unserer Gemeinde mit dem gleichen Ehrgeiz angehen. Mir ist bewusst, dass dies nicht innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen zu realisieren ist, aber ich bin mir sicher, auf dem richtigen Weg zu sein, um gerade unseren einheimischen jungen Erwachsenen in naher Zukunft wieder Baugrundstücke anbieten zu können.

Krueger: Wie hat sich die Corona-Pandemie aus Ihrer Sicht ausgewirkt – einerseits allgemein auf die Kommunalarbeit, andererseits speziell auf Schwindegg?

Kamhuber: In den Wochen nach der Wahl und vor meinem Amtsantritt war das aktuelle Geschehen natürlich nicht nur für mich, sondern gerade auch für die Mitarbeiter unserer Verwaltung eine große Herausforderung: zum einen die täglichen Änderungen und Anpassungen der Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen, zum anderen da ich am 1. Mai mein Amt als neuer Bürgermeister antreten durfte. Für mich persönlich hatte dies gerade in den ersten Wochen zur Folge, dass zwar einige Abendtermine ausgefallen sind, ich diese gewonnene Zeit aber umso intensiver in der Verwaltung zur schnellen Einarbeitung genutzt habe.

Ich bin daher sehr dankbar und auch stolz auf meine Mitarbeiter in der Gemeindeverwaltung, welche gerade wegen der Veränderung auf dem „Chefsessel“ – zusätzlich zu den Herausforderungen der Corona-Situation – stets mit viel Engagement und Anstrengungen eine hervorragende Arbeit an den Tag gelegt haben: Sie unterstützen mich, wo sie nur können, mit Rat und Tat und sind ein großartiger Rückhalt für unsere gesamte Gemeinde.

Konkret verlagerten wir in den ersten Wochen – wo es die Tätigkeit der einzelnen Mitarbeiter zugelassen hat – Arbeitsplätze ins Homeoffice, zum Teil wurde auch im Schichtbetrieb gearbeitet, um so zu gewährleisten, dass im Falle einer Infektion die Verwaltung weiterarbeiten kann und handlungsfähig bleibt. Ähnlich wie in vielen Gemeinden auch, finden so beispielsweise unsere Gemeinderatssitzungen aktuell nicht im Sitzungssaal statt, sondern im Bürgerhaus am Schloss, um zum einen die Abstandsregelungen einhalten zu können und zum anderen auch Besuchern die Möglichkeit zu geben, in ausreichender Anzahl den Sitzungen beiwohnen zu können. Gerade dies wird uns auch noch eine gewisse Zeit erhalten bleiben.

Krueger: Die Corona-bedingten Restriktionen werden seit kurzem kontinuierlich gelockert. Welche Schlüsse ziehen Sie aus den neuerlichen Erfahrungen mit der Pandemie für Schwindegg, insbesondere für die Wirtschaft und die Kultur?

Kamhuber: Mit Blick auf das Geschehen der vergangenen Wochen ist deutlich zu erkennen, dass nun auch bei uns im Landkreis Mühldorf am Inn die Infektionszahlen wieder steigen. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass viele Menschen teilweise leichtsinnig geworden sind im Umgang und Verhalten mit der Pandemie.

Seitens der Wirtschaft sind die meisten Schwindegger Gewerbetreibenden bisher mehr oder weniger mit einem blauen Auge davongekommen. Die meisten Einbußen mussten unter anderem in der Gastronomie verzeichnet werden, aber auch in anderen Bereichen wie etwa Friseurläden, Einzelhandel oder Gewerbetreibende, welche in der Veranstaltungsbranche tätig sind, traf der Lockdown mit einer existenziell gefährlichen Wucht. Wir können alle nur hoffen, dass wir von einem weiteren Lockdown, auch wenn er nur regional sein sollte, verschont bleiben.

Auch was das gesellschaftliche Leben in Schwindegg betrifft, waren die Maßnahmen mehr als spürbar. So wurden viele traditionelle Vereinsfeste oder kulturelle Veranstaltungen weitgehend abgesagt. Unser diesjähriges Ferienprogramm haben wir mit den aktuellen Verordnungen abgestimmt. So konnten wir in Zusammenarbeit mit den örtlichen Vereinen für viele Kinder wieder ein tolles und abwechslungsreiches Angebot erarbeiten. Deshalb auch an dieser Stelle ein herzliches Vergelt’s Gott an die vielen ehrenamtlichen Organisatoren, Betreuer und Helfer, welche dies unter schwierigsten Voraussetzungen in die Tat umgesetzt haben.

Abschließend darf ich sagen, bei aller Freude über die Corona-Lockerungen in den vergangenen Wochen sollten wir nicht vergessen, stets die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten. Wir täten gut daran, durch besonnenes und verantwortliches Handeln, und zwar von allen von uns, das bisher Erreichte nicht aufs Spiel zu setzen!

Krueger: Herr Bürgermeister, vielen Dank für das Gespräch.

Dr. Olaf Konstantin Krueger

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