Bürgerinnen-Vereinigung „Rückenwind Gesundheitspersonal“ demonstriert gegen „Schwurbelei“ – Riedel: „Impfpflicht leider unumgänglich“
Das Foto stammt von Mittwoch, 5. Januar. Rund 200 Menschen versammelten sich mit FFP 2 Masken und großem Abstand am Ichikawa-Platz in Rosenheim, um für die Mitarbeiter*innen des Krankenhauses Rosenheim und in den Krankenhäusern allgemein zu demonstrieren. Pressefoto
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Bürgerinnen-Vereinigung „Rückenwind Gesundheitspersonal“ demonstriert gegen „Schwurbelei“ – Riedel: „Impfpflicht leider unumgänglich“

Rosenheim — Unter dem Motto „Rückenwind! Unsere Solidarität gegen ihre Schwurbelei!“ demonstriert die Bürgerinnen-Vereinigung „Rückenwind Gesundheitspersonal“ am Mittwoch, 19. Januar, um 19.15 Uhr zum vierten Mal auf dem Rosenheimer Ichikawa-Platz. Angekündigt sind Reden von Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März sowie Vertretern von Parteien und Gewerkschaften. Mit der Versammlung soll nach den Worten von Martin Bauhof einerseits auf die „weiterhin extreme Belastung“ der Beschäftigten im Gesundheitswesen aufmerksam gemacht werden, andererseits Stellung bezogen werden gegen Proteste, die in den Corona-Maßnahmen und in der Impfung gegen COVID-19 eine größere Bedrohung sehen als im neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) selbst. Zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht erklärt die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Barbara Riedel: „Wir wünschen uns, dass sich derzeit noch ungeimpfte Personen impfen lassen und so ihre Jobs behalten können.“

Getragen wird die Bürgerinnen-Vereinigung „Rückenwind Gesundheitspersonal“ unter anderem von Bündnis 90/DIE GRÜNEN Rosenheim-Stadt, Grüne Jugend Rosenheim, Jusos Rosenheim Stadt und Land, DIE LINKE, V-Partei³ in Rosenheim, Die PARTEI Kreisverband Rosenheim, Bündnis für Rosenheim, attac Rosenheim, Offenes antifaschistisches Plenum Rosenheim, DGB Jugend Oberbayern, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, NGG Rosenheim Oberbayern, Stadtjugendring Rosenheim, Bunt statt Braun im Landkreis Ebersberg sowie Vetternwirtschaft – VfbK e. V. Laut Martin Bauhof (DIE LINKE) verdeutlicht die Breite der Unterstützer, „wo die gesellschaftliche Mehrheit steht – auf der Seite der Wissenschaft und der Demokratie“.

Die Bürgerinnen-Vereinigung hat zudem den „Rosenheimer Aufruf zum Zusammenhalt und für Demokratie“ initiiert, den nach eigenen Angaben innerhalb von vier Tagen fast 800 Menschen unterzeichnet haben. Dazu erläutert Baumann: „Wir nehmen nicht hin, dass die Anstrengungen zur Eindämmung des Coronavirus und die Entbehrungen durch das verantwortungslose Handeln einer Minderheit schlecht geredet und gefährdet werden und haben deshalb diese Petition ins Leben gerufen.“ Die Petition auf ⭱ weact.campact.de ruft dazu auf, „nicht an Anti-Corona-Demonstrationen, Mahnwachen und sogenannten ‚Spaziergängen’ teilzunehmen, die sich gegen Maßnahmen richten, die eine schlimmere Ausbreitung des Coronavirus verhindern sollen“.

Fragen an Barbara Riedel von der Bürgerinnen-Vereinigung „Rückenwind Gesundheitspersonal“ zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich, zu möglicher Bertretungs- und Tätigkeitsverbote sowie zur allgemeinen Impfpflicht.

Krueger. Wie steht die Bürgerinnen-Vereinigung „Rückenwind Gesundheitspersonal“ zur vom Bundestag beschlossenen ersten Impfpflicht gegen COVID-19 für das gesamte Gesundheitspersonal?

Riedel. Die Menschen, die sich in unserer Gesellschaft unter großen Entbehrungen um Alte und Kranke kümmern, sind zum Großteil bereits geimpft. Denn sie schützen damit nicht nur diejenigen, die ihnen anvertraut sind, sondern auch ihre Kolleg*innen. Es ist daher eine Frage von Solidarität und von gesamtgesellschaftlicher Verantwortung, durch eine Impfung weiteres Leid zu verhindern. Die derzeit gültige Impfpflicht sollte allerdings auch auf Gruppen ausgeweitet werden, die in anderen sozialen Bereichen, etwa in der Betreuung von Kindern, beschäftigt sind. Sie schützen damit auch deren Eltern und Angehörige. Eine hohe Impfquote in der Gesamtbevölkerung ist dringend notwendig, um den Schutz der Schwächsten zu gewährleisten, aber vor allem auch derer, die bei der Bekämpfung der Pandemie an vorderster Front stehen.

Krueger. Wie steht die Bürgerinnen-Vereinigung „Rückenwind Gesundheitspersonal“ konkret zu den ab 16. März 2022 möglichen Betretungs- und Tätigkeitsverboten für Ungeimpfte – vom Zeitarbeiter bis zum Chefarzt – in ausnahmslos allen Einrichtungen und Unternehmen des Gesundheitsbereichs sowie den damit möglichen Folgen für deren Betrieb?

Riedel. Wir wünschen uns, dass sich derzeit noch ungeimpfte Personen impfen lassen und so ihre Jobs behalten können. Wir erleben, dass viele dies jetzt vermehrt tun. Gleichzeitig erleben wir eine beispiellose und finanziell massiv gestützte Kampagne von Impfgegner*innen, die den Eindruck einer riesigen Kündigungswelle suggerieren soll. Das Gegenteil ist aber der Fall: Wenn große Teile des Gesundheitspersonals von der Pandemie außer Gefecht gesetzt werden, weil einige wenige von ihrem vermeintlichen „Grundrecht“ auf Nicht-Impfung Gebrauch machen, ist zum Schutze aller der Weg einer Impfpflicht leider unumgänglich.

Ich atme auf, wenn sich auch meine bislang ungeimpfte Kolleg*in endlich impfen lässt. Durch die Impfpflicht wird das endlich geschehen. Sie schützt damit mich, meine Patent*innen und meine Angehörigen. Nicht zu vergessen die Aufrechterhaltung unseres Betriebs, der Menschen gesundheitlich versorgt.

Wenn große Teile der kritischen Infrastruktur von der Pandemie lahmgelegt werden, kann das fatale Folgen für die Gesundheit aller haben, weil die dann nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Wir wollen daran erinnern, dass in Gesundheitseinrichtungen Menschen auf besonderen Schutz angewiesen sind. Es ist die ureigene Aufgabe dieser Mitarbeitenden, die Gesundheit dieser Personen zu gewährleisten. Zudem ist es ihre Aufgabe, daran mitzuwirken, dass diese möglichst gleichberechtigt an der Gesellschaft teilnehmen können. Dies gilt aber ebenso für Personen außerhalb dieses Personenkreises der Gesundheitsberufe.

Krueger. Und wie steht die Bürgerinnen-Vereinigung „Rückenwind Gesundheitspersonal“ zur allgemeinen Impfpflicht gegen COVID-19 mit den vom Paul-Ehrlich-Institut empfohlenen Vakzinen?

Riedel. Wir stehen auf der Seite von Wissenschaft und Demokratie. Neue Erkenntnisse und Fakten führen zu Empfehlungen, die Flexibilität erfordern. Stand jetzt schützt eine Impfung vor schweren Verläufen. Zudem wird die Gefahr, das Virus weiterzugeben, verringert. Wir bedauern zutiefst, dass die alte Bundesregierung es versäumt hat, im Rahmen einer groß angelegten Impfkampagne aufzuklären, Vorurteile abzubauen und Ängste zu nehmen. Hier ist leider viel Unsicherheit entstanden und Vertrauen verloren gegangen. Andere Länder, wie etwa Spanien oder Portugal, die eine hohe Impfquote vorweisen können, haben das besser gemacht. Durch die geringe Durchimpfung der Bevölkerung in Deutschland werden Schwächere massiv gefährdet, das Leben Zehntausender wird aufs Spiel gesetzt – es ist daher zweifelhaft, ob wir um eine Impfpflicht herumkommen. Die Freiheit des Einzelnen hat ihre Grenze, wo sie die Freiheit und Gesundheit anderer gefährdet. Viele Gesetze beruhen auf genau diesem Prinzip.

Krueger. Frau Riedel, danke für das Gespräch.

Dr. Olaf Konstantin Krueger

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