Mühldorf a.Inn / Ampfing — „Graffiti auf sehr hohem Niveau“, nennt „moere186“ seine teils fotorealistischen Kunstwerke. Hinter dem Pseudonym steht der Ampfinger Fassaden- und Innenraumgestalter Rudolf A. Huber: Der Profi gestaltet nach Kundenwunsch Fassaden, Verkaufsflächen, Treppenhäuser, Kinderzimmer und Gegenstände. Anhand einer Skizze malt „Rudi“ mit Sprühdose, Pinsel, Walze, Schwamm, Filz- und Bleistift, Kohle, Kreide oder einem Mix aus allem und nutzt hauptsächlich Acryl, Acryllacke und Dispersionsfarbe. Seine Werke finden sich beispielsweise in der Firmenzentrale der Palitza Hoch- und Tiefbau GmbH in Mühldorf a.Inn, beim Metallbau Thran Buchbach und an der Süd- und Nordseite der Bahnunterführung an der MÜ 38 im Ortsgebiet von Ampfing. Daneben begleitet Huber Workshops, beispielsweise im Schulferienprogramm der Kreisstadt. Für herausragende kreative Leistungen und seine Kinder- und Jugendarbeit hat Huber vom Landkreis Mühldorf den Kultur- und Kreativpreis 2023 erhalten. Ein Porträt des Ausnahmekünstlers.
Graffiti als visuelle Ausdrucksform der New Yorker Jugend der 1980er-Jahre sind für den 37-jährigen Ampfinger Rudolf A. Huber „ein Lebensgefühl, das den Weg von der Straße in die großen Galerien gefunden hat“. Während manche Streetartists ihre mit Sprühfarben geschaffenen Werke in Bild- oder Schriftform auf öffentlichen Flächen wie Wände und Züge illegal hinterlassen, werden Graffiti auch als legitime Kunstform aufgefasst und von einigen Könnern mancherorts in speziellen urbanen Kunstprojekten legal geschaffen. Als buchbarer Graffiti- und Streetart-Künstler hat sich in den letzten beiden Dekaden „Rudi“, wie ihn seine Freunde nennen, einen wohlklingenden Namen erarbeitet.
Rückblende. Neugierig geworden 2000 durch ein Kunstprojekt in der Kanzlei seines Vaters, des Ampfinger Rechtsanwalts Heinz-Rudolf Huber, bannt Rudi mit 14 Jahren die ersten Graffiti mittels analoger Kamera auf Film. Er vertieft sich in die Lektüre des HipHop-Magazins „Backspinn“ sowie des Buches „Munich Graffiti“ von Heiko Schiemann und Peter Watzl. Daraufhin entwickelt er seinen eigenen Stil, kreiert das Pseudonym „moere186“, bei dem die Buchstaben mit seinem Geburtsjahr harmonieren. Nach dem Abitur knüpft Rudi Kontakte zur Szene in München. Er nimmt an Jam-Sessions teil, reist nach Österreich, Frankreich und in die Schweiz, lernt „ganz normale Menschen“ kennen, häufig mit Hochschulabschluss, „keine Gangster“. Mit gemeinsamen Projekten wie die Neugestaltung der Donnersberger Brücke in München erlangt Rudi „Fame“, Ruhm. Seine Leidenschaft bewegt ihn auch während seiner Ausbildung zum Chemie- und Mathelehrer. Doch sie lässt sich mit der 40-Stunden-Arbeitswoche im Schuldienst kaum mehr realisieren. Er muss sich entscheiden – und konzentriert sich seit 2016 ganz auf die künstlerische Karriere.
Legale Graffiti statt illegaler Schmierereien
Erfolge. Seine Auftragsarbeiten sind inzwischen über den Landkreis Mühldorf a.Inn hinaus Legende. Dabei hat er drei Schwerpunkte herausgebildet: erstens kreative, künstlerische und professionelle Fassaden- und Innenraumgestaltung mit Acryl, Acryllacken und Dispersionsfarbe nach Kundenwunsch, zweitens individuelle Leinwandgestaltung für Firmen und Privatpersonen, drittens Anleitung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Workshops. Der Profi ist überzeugt, legale Graffiti sind der beste Schutz gegen illegale Schmierereien.
Rudi dekoriert solcherweise etwa im April 2016 das Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr Weidenbach mit einem neuen Logo. Er verbildlicht in Kooperation mit der Gemeinde Ampfing im Zeitraum von August 2017 bis September 2018 die „Geschichte des Fahrrads“ in der Unterführung an der MÜ 38. Zwischendurch entsteht im Juli 2018 in Zusammenarbeit mit dem Elternbeirat der Grundschule am Goetheplatz in Waldkraiburg ein neuer Blickfang am Schuleingang. Daneben gibt Rudi sein Wissen weiter in Workshops des Ferienprogramms in Ampfing, bei der Gestaltung des Schulgebäudes der Heilig Blut Realschule in Erding oder bei einem Projekt mit geistig behinderten jungen Menschen aus der Stiftung Ecksberg.
Weg bis zur Preisverleihung „steinig“
Das viel beachtete Kunstprojekt an der Graslitzer Grundschule in Waldkraiburg, bei dem rund 200 Schulkinder im April/Mai 2023 die Fahrradhalle gestalteten, dürfte für die Jury des Kultur- und Kreativpreises des Landratsamtes Mühldorf a.Inn das i-Tüpfelchen gewesen sein, Rudi zu prämieren: Für seine herausragenden kreativen Leistungen sowie die Kinder- und Jugendarbeit hat Huber den mit 5.000 Euro dotierten Kultur- und Kreativpreis 2023 erhalten, Mitte Dezember überreicht aus den Händen von Landrat Maximilian Heimerl.
„I gfrei mi voi“, sagt Huber, denn sein bisheriger Weg war durchaus „steinig“. Viel Wissen braucht ein Profi wie er, etwa über Kalligrafie, Grafik- und Kommunikationsdesign sowie die Arbeitsweise der Maler und Lackierer. Dass ihn Schüler oft fragen, wie man die Fertigkeiten erlernt, hat ihn ein neues Projekt ins Auge fassen lassen: ein Magazin über professionelle Graffiti. Hierfür ist Großvater Rudolf Huber Vorbild: Der frühere Geschäftsführer der Gemeindeverwaltung in Ampfing hat vier Geschichtsbände verfasst. Zuvor will Rudi aber noch an der Technischen Hochschule Rosenheim den Bachelorstudiengang Soziale Arbeit abschließen, um dann als staatlich anerkannter Sozialarbeiter die Jugendarbeit zu vertiefen.
Rudolf A. Huber ist fernmündlich erreichbar unter Rufnummer 01 77/2 92 77 07 und per E-Mail an rudolf.huber3@gmx.de. Mehr Information über sein Schaffen sind online abrufbar unter moerengraffiti.de und über das Instagram-Profil @moereeins8sechs.
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