Tierschutzverein Rosenheim bezieht Neubau – Thomas: „Eine neue Ära für das Tierheim“
Der Betrieb im neuen Tierheim des Tierschutzvereins Rosenheim ist angelaufen. Foto: Alfred Schellmoser
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Tierschutzverein Rosenheim bezieht Neubau – Thomas: „Eine neue Ära für das Tierheim“

Rosenheim — Neues Tierheim, verbesserte Tierbetreuung, mo­di­fi­zier­ter Ver­eins­vor­stand: Der Tier­schutz­ver­ein Rosenheim geht im 84. Jahr sei­nes Be­ste­hens in eine „neue Ära“, freut sich die erste Vor­sit­zen­de Andrea Thomas. Mit­te Sep­tem­ber ist der Neu­bau des Tier­heims Am Gangsteig 54 in Rosenheim nach drei­jäh­ri­ger, ab­schnitts­wei­ser Er­rich­tung er­öff­net wor­den. Jetzt läuft der Be­trieb rund. Im neuen, 2.000 Qua­drat­me­ter gro­ßen Ge­bäu­de­kom­plex sind Fund­tiere, be­schlag­nahm­te Tiere und Ab­ga­be­tiere bis zu ihrer Ver­mitt­lung art­ge­recht un­ter­ge­bracht. Ein­ge­hend be­treut wer­den die Hunde, Katzen und Reptilien von 19 Tier­pfle­gern, Hunde­physio­thera­peu­ten und Hunde­trai­ner­in­nen so­wie wei­te­ren ehren­amt­li­chen Kräf­ten. En­de No­vem­ber hat der rund 1.200 Mit­glie­der zäh­len­de Ver­ein über­dies un­ter der be­hörd­lich an­ge­ord­ne­ten 2G-Zu­gangs­be­schrän­kung ei­nen neuen Vor­stand ge­wählt. Trotz des Neu­starts bleibt der Tier­schutz­ver­ein fi­nan­ziell auf Spen­den angewiesen.

Wanja, eine weibliche, unkastrierte Europäische Kurz­haar­katze, kam am 16. No­vem­ber als Fundtier ins Tierheim Rosenheim. Wegen eines voran­ge­gan­ge­nen Auto­un­falls litt sie an ei­nem schwe­ren Schädel-Hirn-Trauma, war zeit­wei­se er­blin­det. Doch durch in­ten­si­ve Be­treuung in ei­ner Tierklinik erholt sie sich. Nun ver­mit­telt der Tierschutzverein Rosenheim Wanja als Wohnungskatze. Karli wiede­rum, ein 2010 ge­bo­re­ner männ­li­cher, kas­trier­ter Schä­fer­hund-Mix, ist be­reits seit zwei Mo­na­ten im Tier­heim. Die Hal­te­rin woll­te sich sei­ner als Fundtier ent­le­di­gen. Doch der Betrug flog auf. Nun geht der Tier­schutz­ver­ein ge­gen sie an­walt­schaft­lich vor. Der ver­spiel­te Jagd­hund mit Arthritis sucht der­weil ein neues Zuhause.

Unterdessen ist das 2019 geborene, zutrauliche, aber ver­nach­läs­sig­te Ka­nin­chen­paar Flora und Otto ins Tier­heim ge­kom­men und hat sich hier erholt. Nach dem Fres­sen kuschelt sich Flora gerne un­ter ein Hän­ge­ohr des kas­trier­ten Otto. Sie freuen sich zu­gleich auf ein ge­mein­sa­mes neues Zu­hau­se. Eben­falls im Tier­heim ab­ge­ge­ben wor­den sind die Höcker­schild­krö­ten Lilo und Kurt. Beide wa­ren 20 Jah­re im sel­ben Aquarium. Wäh­rend je­doch Lilo deut­lich nie­dri­ge­re Tem­pe­ra­tu­ren be­vor­zugt, muss ei­ne der bei­den die Zeit über falsch ge­hal­ten wor­den sein. Dem­ge­gen­über un­ter­schei­den sich die weib­li­chen Gelb­wan­gen­schmuck­schild­krö­ten Chrissy und Klara cha­rak­ter­lich: Ob­schon Klara her­risch ist und da­her „Feld­we­bel“ ge­nannt wird, ver­trägt sie sich gut mit Chrissy, denn sie ha­ben wohl schon frü­her zu­sam­men­ge­lebt. Der­zeit be­fin­den sich alle Schild­krö­ten im Winterschlaf.

Im Tierheim Am Gangsteig 54 in Rosenheim hat jedes Tier eine ei­ge­ne, oft miss­li­che Ge­schich­te. Ak­tu­ell be­treut der Tier­schutz­ver­ein Rosenheim hier 94 Katzen, 18 Hunde und di­ver­se Klein­tiere. Das im Juni 1973 er­öff­ne­te Tier­heim war zwar zur da­ma­li­gen Zeit das mo­derns­te in Südostoberbayern. Doch mit der zu­neh­men­den Zahl an Fund-, Ab­ga­be- und Pen­sions­tie­ren stie­gen die Be­dürf­nis­se. Drei Jahr­zehn­te in­ten­si­ve Nut­zung hin­ter­lie­ßen ih­re Spu­ren. In den 2000‍er-Jah­ren wa­ren die Räum­lich­kei­ten ma­ro­de, die Ar­beits­be­din­gun­gen schwie­rig. Nach ei­ni­gen ad­mi­nis­tra­ti­ven An­läu­fen er­mög­lich­te dem Ver­ein aber An­fang 2017 ei­ne Erb­schaft den Neu­bau des Heims, ei­ne wei­te­re die Fer­tig­stel­lung. Der Spa­ten­stich er­folg­te im März 2019, die schritt­wei­se Fer­tig­stel­lung bis Mitte April 2021. Wäh­rend der Bau­tä­tig­keit ent­pupp­te sich für den Ver­ein die Fort­set­zung des Be­triebs als Heraus­for­de­rung, die durch Um­quar­tie­run­gen der Tiere be­wäl­tigt wurde.

Neuer Bau – neuer Elan

Das Hauptgebäude beherbergt nun circa 30 Pro­zent der Tiere, hat eine Kran­ken­sta­tion für Hunde und Katzen, ei­nen gro­ßen Katzen-Qua­ran­tä­ne­be­reich, ei­ne Klein­tier­sta­tion, zwei Büros und ei­nen Ver­an­stal­tungs­raum. Im U-för­mi­gen Ge­bäu­de be­fin­den sich die Be­rei­che mit ge­sun­den und ge­impf­ten Tie­ren zur Ver­mitt­lung so­wie ei­ne Pen­sion für Hunde und Katzen. Ins­ge­samt 19 fest­an­ge­stell­te Mit­ar­bei­ter, da­von fünf Aus­zu­bil­den­de zum Tier­pfle­ger, küm­mern sich um die Tiere.

Die Neueröffnung des Tierheims sollte nach dreijähriger Bauzeit ein Freuden­fest wer­den: Der of­fi­ziel­len Feier mit Ein­seg­nung des neuen Ge­bäu­de­kom­ple­xes Mitte Sep­tem­ber soll­ten gar zwei wei­te­re Er­öff­nungs­feiern spe­ziell für För­der­mit­glie­der, Spon­so­ren, Paten und Gäste fol­gen. Denn der Neu­bau be­deu­tet für den Tier­schutz­verein Rosenheim dreier­lei: eine zeit­ge­mä­ße Un­ter­brin­gung der Tiere mit adä­qua­tem Schall­schutz, ein Image­ge­winn so­wie ei­ne Ver­bes­se­rung der fi­nan­ziel­len Situa­tion bei jähr­li­chen Auf­wen­dun­gen von über 600.000 Euro.

Doch die behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des neu­ar­ti­gen Coronavirus’ (SARS-CoV-2) war­fen die Jah­res­pla­nung um. So muss­te die Mit­glie­der­ver­samm­lung Ende No­vem­ber un­ter An­wen­dung der 2G-Regel (Zu­gang nur für Geimpfte und Genesene) durch­ge­führt wer­den und in den neuen Räum­lich­kei­ten dür­fen der­zeit keine Ver­an­stal­tun­gen statt­fin­den. „Wahr­schein­lich wur­den in der Ge­schich­te des Tier­schutz­ver­eins Rosenheim noch nie so vie­le Ver­ord­nun­gen stu­diert und Rechts­aus­künf­te ein­ge­holt“, re­sü­miert die wie­der­ge­wähl­te Erste Vor­sit­zen­de Andrea Thomas den Aufwand. Den­noch ist sie frohen Mutes. Schließ­lich ha­be mit der Fer­tig­stel­lung des neuen Tier­heims und der Neu­wahl des Vor­stan­des eine „neue Ära“ für den 1937 ge­grün­de­ten Ver­ein be­gon­nen: Einer­seits be­zeu­ge der acht­köp­fi­ge Vor­stand mit vier neuen Mit­glie­dern „neuen Elan“, an­de­rer­seits stär­ke der mo­der­ne Ge­bäu­de­kom­plex die Ver­eins­ziele der För­de­rung und Pflege des Tier­schut­zes so­wie der Be­kämp­fung des Miss­brauchs der Tiere.

Zunahme des illegalen Tierhandels

Immerhin setzt sich der Verein etwa für die Förderung des Tier­schutz­ge­dan­kens ein, für die Auf­klä­rung und Be­leh­rung über Tier­schutz­pro­ble­me, für die Ver­hü­tung von Tier­quä­le­rei, Tier­miss­hand­lung oder Tier­miss­brauch so­wie für die Ver­an­las­sung der straf­recht­li­chen Ver­fol­gung von Zu­wi­der­hand­lun­gen ge­gen gel­ten­de Ge­set­ze und Rechtsverordnungen.

Allerdings stimmt die Corona-Krise Andrea Thomas, die auch Mit­glied des Prä­si­di­ums des Lan­des­ver­bands Bayern des Deut­schen Tier­schutz­bunds ist, nach­denk­lich. Zu Be­ginn der Krise sei nicht nur die Zahl der Haus­tiere ge­stie­gen, auch der il­le­ga­le Tier­han­del ha­be zu­ge­nom­men. Sie ver­zeich­net zu­dem mehr Be­schlag­nah­mun­gen aus Tier­hor­tun­gen und Messie-Haus­hal­ten. In­zwi­schen ste­he je­doch vor der An­nah­me ei­nes Haus­tie­res oft reif­li­che Überlegung.

Mehr Information zum Tierschutzverein Rosenheim e. V., zu Mit­glied­schaft, Pa­ten­schaf­ten und Spenden ist online ab­ruf­bar un­ter www.tierschutzverein-rosenheim.de und auf der Facebook-Seite /TierschutzvereinRosenheimEv. Das Tier­heim ist fern­münd­lich er­reich­bar un­ter Ruf­num­mer 0 80 31/9 60 68 und per E-Mail an tierschutzverein-rosenheim@t-online.de.

Dr. Olaf Konstantin Krueger

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