Verbraucherschützer warnen vor Online-Ticketmarktplätzen: Fragwürdige Geschäftsmethoden
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Verbraucherschützer warnen vor Online-Ticketmarktplätzen: Fragwürdige Geschäftsmethoden

+++ Update +++ Verbraucherzentrale Bayern klagt erneut gegen Viagogo +++ Update +++

Die Verbraucherzentrale Bayern klagt erneut gegen die Ticketzweitmarkt-Plattform Viagogo. Der Anbieter agiert als Vermittler und bietet auf seinem Online-Marktplatz Veranstaltungstickets zum Weiterverkauf an. Dabei ist Viagogo verpflichtet, über den ursprünglich durch den Veranstalter festgelegten Originalpreis zu informieren, falls der Verkäufer des Tickets einen solchen angegeben hat. Nach Ansicht der Verbraucherschützer erfüllt Viagogo diese Informationspflichten nicht.

Derzeit kann ein potenzieller Kunde den Originalpreis erst sehen, wenn er ein Ticket ausgewählt, sich in sein Nutzerkonto eingeloggt und dann die zusätzlichen Informationen neben dem Begriff „Nennwert“ aufgerufen hat. „Wir halten die derzeitige Gestaltung für unzulässig“, sagt Tatjana Halm, Juristin bei der Verbraucherzentrale Bayern. „Der ursprüngliche Ticketpreis muss für Verbraucher sofort zu erkennen sein. Nur so kann eine bewusste Kaufentscheidung getroffen werden.“

Bewertungssystem unter der Lupe
Die Verbraucherschützer gehen auch gegen das Bewertungssystem von Viagogo vor. Während des Buchungsprozesses wird an mehreren Stellen eine Bewertung des Preises angezeigt, bei der ein Ticket zum Beispiel als „ausgezeichnet“ und mit der Note „9,8“ beworben wird. Fährt man mit der Maus über das Wort „ausgezeichnet“, wird zusätzlich die Grafik eines fast vollständig grünen Balkens eingeblendet. Die positive Bewertung und der grüne Balken lassen vermuten, dass es sich bei dem Preis um ein gutes Angebot handelt. Tatsächlich ist es möglich, dass der angegebene Ticketpreis wesentlich höher ist als der Originalpreis. „Verbraucher gehen bei einer solchen Bewertung von einem vorteilhaften Angebot aus. Davon kann man unserer Ansicht nach jedoch nicht sprechen, wenn die Eintrittskarte ein Vielfaches des Originalpreises kostet“, sagt Tatjana Halm.

Mit einem Urteil des Landgerichts München I hatten die Verbraucherschützer bereits 2022 erreicht, dass Viagogo offenlegen muss, ob es sich bei dem Anbieter eines Tickets um einen gewerblichen Anbieter handelt. Viagogo darf darüber hinaus nicht mehr mit einer Ticketgarantie werben, die gleichzeitig in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen stark eingeschränkt wird.

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Verbraucherschützer warnen vor Online-Ticketmarktplätzen: Fragwürdige Geschäftsmethoden

Ungültige Eintrittskarten, ungenaue Lieferzeiten, unspezifische Platzangaben: Auf der Suche nach günstigen Eintrittskarten für Konzerte, Shows, Tanz- und Sportveranstaltungen können gutgläubige Verbraucher durch unseriöse Online-Angebote arg getäuscht werden. Verbraucherschützer warnen deshalb eindringlich vor dem Erwerb von Tickets auf Online-Ticketmarktplätzen. Vor allem im Visier: die Plattformen Ticketbande und Viagogo. Seit letztem Sommer personalisieren immer mehr Veranstalter ihre Eintrittskarten. Folge: Käufer, die ihr Ticket auf einem dubiosen Online-Ticketmarktplatz erworben haben, laufen Gefahr, keinen Zutritt zum Event zu erhalten. Außerdem ist nicht gewährleistet, dass Fans ihre Tickets rechtzeitig erhalten und diese auch der gewählten Kategorie entsprechen.

Professionelles Design, seriöser Eindruck, verlockende Preise: Online-Ticketmarktplätze sehen regulären Vorverkaufsstellen zum Verwechseln ähnlich. Ticketbande (TB) aus Landgraaf in den Niederlanden etwa profiliert sich als „unabhängige Ticketsuchmaschine“, die alle Eintrittskarten auf ihre Echtheit hin überprüfe, nur Originaltickets liefere und „Best-Preis-Garantie“ biete. Viagogo wiederum bezeichnet sich selbst als „globale Online-Plattform“, auf der Tickets für Live-Sport- und Musikveranstaltungen sowie Events im Unterhaltungsbereich erworben werden können. Der „weltgrößte Sekundärmarktplatz“ für Tickets von Live-Events mit Sitz in Genf wolle einerseits Käufern eine große Auswahl an Tickets für Veranstaltungen auf der ganzen Welt anbieten, andererseits Verkäufern von übriggebliebenen Tickets sowie großen multinationalen Eventveranstaltern auf der Suche nach hoher Reichweite helfen.

Mit anderen Worten: Solche Marketingplattformen sind wie Ebay lediglich Vermittlungs- und Verkaufssysteme, auf denen die eigentlichen Verkäufer mit den potenziellen Kunden in Kontakt treten könnten. So hebt TB in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) hervor, „in keinem Fall Vertragspartei in Bezug auf die Ticketsuchverträge“ zu sein. Diese würden „ausschließlich privatautonom“ geschlossen zwischen den Nutzern der Plattform und deren Kunden. TB stellt über seine Plattform „lediglich die technischen Voraussetzungen zur Ermöglichung der Interaktion von Nutzern mit deren Kunden“ zur Verfügung. Viagogo erklärt in seinen „Nutzungsbedingungen“, die Plattform erhebe „keinen Anspruch auf das jeweilige Ticket und die eigentliche geschäftliche Abwicklung erfolgt zwischen Käufern und Verkäufern“. Das Unternehmen garantiere, dass bezahlte Tickets rechtzeitig vor der Veranstaltung zugestellt würden. Im „höchst unwahrscheinlichen Fall“, dass die zum Kauf angebotenen Tickets doch nicht geliefert wurden, prüfe Viagogo „nach eigenem Ermessen“ vergleichbar bepreiste Tickets, biete sie ohne Mehrkosten an oder erstatte den Betrag.

Kritik an Geschäftspraktiken

Das Technik- und Gamesportal GIGA spart jedoch nicht mit Kritik an TB. „Grundsätzlich muss man sagen, dass der gewerbliche Tickethandel ein schmutziges Geschäft ist“, führt Marco Kratzenberg aus und erklärt, dass bei TB Tickets teilweise zum Dreifachen des eigentlichen Preises verkauft werden. „Wenn dann noch überhöhte ‚Servicegebühren‘ dazu kommen, ist für viele eine Schmerzgrenze erreicht.“ Und die Verbraucherzentrale Bayern hat den Online-Ticketmarktplatz Viagogo bereits im Frühjahr 2018 wegen seiner Geschäftspraktiken vor dem Landgericht München I verklagt. Nach Ansicht der Verbraucherschützer informiert das Unternehmen nicht transparent über sein Geschäftsmodell, wirbt zudem mit einer „100-prozentigen Garantie“, die es in den AGB jedoch stark eingeschränkt hatte. Das ZDF-Magazin „Frontal 21“ zeigt nun auf, dass auf der Plattform auch Großverkäufer mit fragwürdigen Methoden Kasse machen. Rechtsanwalt Felix Holzhäuser zufolge werden bei Viagogo im Gegensatz zu den Ausführungen in den AGB regelmäßig Karten rechtswidrig weiterverkauft. Dadurch würden die Käufer bewusst in die Irre geführt. Viele Fußballvereine würden deshalb über Viagogo gekaufte Tickets nicht mehr anerkennen und den Zutritt verweigern, wenn die Fans keine neuen Karten kauften. Viagogo hält dem entgegen: „Jeder hat das Recht mit Tickets zu handeln.“ Ein Weiterverkaufsverbot beschränke Kundenrechte.

Ein ehemaliger Verkäufer des Sekundärmarktplatzes schilderte gegenüber „Frontal 21“ zudem, ein Großteil der auf Viagogo angebotenen Tickets würde von professionellen Händlern verkauft, „die damit ihren Lebensunterhalt verdienen“. Einige dieser Händler seien Inhaber von Vorverkaufsstellen, hätten Zugriff auf Karten zu Originalpreisen und verkauften sie über die Plattform teuer weiter. Dazu teilte Viagogo mit: „Solange die Tickets legal erworben wurden, interessiert es uns nicht, wie viele Tickets eine Person verkauft – sei es der durchschnittliche Fan, der Großhändler oder der Eventveranstalter.“ Um diesem Gebaren Einhalt zu gebieten, werden nun immer mehr Eintrittskarten personalisiert, damit der Inhaber nachweisen muss, dass er das Ticket selbst erworben hat oder den ursprünglichen Käufer kennt.

Der Handel über Online-Ticketmarktplätze ist in Deutschland nicht verboten. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz beobachtet die Entwicklungen auf dem Zweitmarkt zwar, plant derzeit aber keine gesetzgeberischen Maßnahmen.

Dr. Olaf Konstantin Krueger

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